Tagebucheintrag des Vorsitzenden:
14:30 bis 16:00: Sonntagsbegehung der 20ha:
Ich ziehe meine Wanderstiefel an, hänge das Fernglas um, verlasse den Hof durch das Wiestor, gehe zum Feldweg hinunter an den grasenden Pferden vorbei. Die Wiese blüht zum zweiten Mal: Viel Gelb und Kleeweiß. Gehe Richtung Akazienwäldchen und komme am Garten des ersten Nachbars vorbei. Ein Ehepaar im Rentenalter ist emsig dabei, den gepflegten Garten weiter in gutem Zustand zu halten. Ich kenne sie noch nicht. Sie haben das Haus letztes Jahr ersteigert. Ich stelle mich vor. Das Ehepaar heißt Rauhöft und kommt aus Blankenfelde. Ihre Äußerungen deuten darauf hin, daß sie ökologischen Gartenbau betreiben und ein Opfer des Großflughafens Schönefeld geworden sind. Sie wollen einen Zierteich wie in Blankenfelde anlegen. Sie finden es nicht gut, daß die Reetzer ihre Gartenabfälle in das Akazienwäldchen schütten. Sie schauen alle vier Wochen mal hier her und müssen heute wieder zurück.
Ich oute mich als OeLaLa-Vorsitzender und erzähle von den Absichten des Vereins. Aber da gibt es noch zuviel Distanz, um sich mit Interesse auf ein Gespräch einzulassen.
Ich wandere weiter. Am Akazienwäldchen hat ein Imker seine Bienenkästen abgestellt. Ich klettere durch die Löcher und Bauschuttberge im Wäldchen, um zu schauen, ob hier noch Müll abgeladen wird. Es bildet sich dort ein interessantes Biotop an Flora und Fauna. Ich denke, wir sollten das Gelände vom Landgut pachten und ein ökologisches Dorfprojekt machen, nachdem der Dorfteich wieder hergestellt ist. Mit der Dorfjugend Müllsammelaktion machen und Schilder aufstellen, daß hier kein Abfall mehr abgeladen werden darf. Vielleicht springt noch eine Spende für eine Parkbank am Waldrand heraus, von dem man schön übers Feld blicken kann.
Ich sehe in Gedanken die Randbepflanzung am Brachland wachsen. Während ich die Feldgrenzen begehe, kreisen drei Milane über mir. Der Falke vom Kirchturm rüttelt über dem Acker. Die Farben der Flora wandeln sich jetzt mehr ins Bräunliche. Die Pflanzensamen sind reif. Sperlinge machen sich darüber her. Große Disteln blühen. Ein Schwalbenschwanz-Schmetterling labt sich daran. Wie lange habe schon keinen mehr gesehen. Sie sind vom Aussterben bedroht, weil ihnen der Lebensraum genommen wird. Ich sehe Ruheplätze von Wild. Ein Reh flüchtet durch den benachbarten Roggen. Eine Zauneidechse huscht durch den Pflanzendschungel. Brusthohe Grasinseln wechseln ab mit nährstoffarmen Kurzwuchsflächen. Trällernde Lerchen und zirpende Grillen geben dem Ganzen den klanglichen Hintergrund. Hier beweist sich die Feststellung: An jeder Pflanze hängen mindestens 10 Tierarten. Mich begeistert der Artenreichtum auf dieser ungestörten Fläche. Mir stellt sich die Frage, ob es nicht sinnvoll ist, nicht alles der biologischen Landwirtschaft zur Verfügung zu stellen, sondern einen bedeutenden Teil der Natur zu überlassen.